Datenschützer kontra Kommissar Facebook

Es gibt Behörden, die gehen ganz offen mit sozialen Medien um. Die Polizei Hannover zum Beispiel nutzt seit einigen Monaten ihre Facebook-Fanpage für Fahndungsaufrufe. Es gibt aber auch Behörden, die ihren innovativen Kollegen dicke Steine in den Weg legen wollen. Eine dieser Behörden ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen. „Wer sich an der Facebook-Fahndung beteiligt, gefährdet eine spätere Einreise in die USA“ ist das abenteuerliche Szenario, dass der Teamleiter Uwe Robra in Zusammenhang mit den Facebook-Aktivitäten der Polizei Hannover in eine ZDF-Kamera gesprochen hatte. Das beweist, wie realitätsfremd die Datenschützer mittlerweile geworden sind.

Das ZDF „heute journal“ berichtete am 30. Dezember über „Kommissar Facebook“, sprich über die Facebook-Aufrufe der Polizei Hannover. Vermisste Jugendliche wurden dank des soziales Netzwerkes wieder aufgefunden und wie im Fall der getöteten Studentin Annika wächst der Druck auf die Täter dank massenhafter Verbreitung der Fahndungsaufrufe. Zweidrittel der über 86.000 Facebook-Fans der Polizei Hannover seien unter 35 Jahren, heißt es aus dem Off. „Das ist für die Kriminalitätsbekämpfung eine sehr wichtige Zielgruppe“, sagt der Pressechef der Polizei Hannover, Stefan Wittke, und hat Recht.

Zielgruppe jenseits von Plakaten, Fernsehen und Zeitungen

Vollkommen richtig folgern die ZDF-Journalisten: „Die Fanpage erreicht eine Generation, die klassische Medien immer weniger nutzt, an die herkommliche Fahndungsaufrufe auf Plakaten, im Fernsehen oder in Zeitungen vorbei gehen.“ Sogar der ansonsten sehr konservative niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) lobt die Facebook-Fahndung und will sie sogar noch ausweiten, schränkt aber gleich ein „wenn die Gespräche mit unseren Datenschutzbeauftragten erfolgreich sind.“

Datenschützer als Miesmacher

Und schon legt sich ein Schatten auf die innovativen Fahndungsmethoden. Dass Datenschützer Facebook, ja das ganze Internet am liebsten abschalten möchte, um wirklich allen eventuellen Datenmissbräuchen vorzubeugen, ist nicht neu. Abenteuerlich wird es jedoch, hört man die Begründung von Uwe Robra, Teamleiter beim Landesbeauftragen Datenschutz Niedersachsen.

Er kritisiert, dass Polizeiinformationen aus Deutschland auf Servern aus den USA landen und somit nicht mehr den strengeren deutschen Gesetzen unterliegen. „Im Ergebnis kann es passieren, dass Informationen über ehemalige Fahndungsaktionen dort offen gelegt werden müssen, Behörden gegenüber. Und bei einer Einreise in die USA beispielsweise auch mir wieder auf die Füße fallen können“, sagt Robra.

OK. Der „Patriot Act“ hat schon einige Absurditäten hervor gebracht. Eine Reise in die USA ist nun wirklich nicht einfacher geworden. Dennoch: Warum sollte mir die USA die Einreise verweigern, weil ich einen Fahndungsaufruf der Polizei Hannover auf Facebook geteilt habe? Ich helfe doch der Polizei, Kriminelle zu fassen oder gerate ich unter dringenden Tatverdacht nur, weil ich unter „Mord im Stadtpark“ auf „Gefällt mir“ geklickt habe? Nein. Die Polizei in Hannover holt mit ihrer Informationspolitik nur die Leute ab, die sowieso in sozialen Netzwerken aktiv sind.

Blockade statt konstruktive Mitarbeit

Datenschützer sollten sich wirklich anfangen, ernsthafte Vorschläge zu machen, wie der Datenschutz in Zeiten von Facebook & Co. neu geregelt werden kann. Stattdessen suchen sie immer neue Gründe, soziale Netzwerke zu diskreditieren. Vollkommene Blockade satt konstruktiver Mitarbeit.

In Irland hat sich der dortige Datenschutzbeauftragte mit der Materie Facebook ernsthaft auseinander gesetzt und einige wirklich gute Vorschläge unterbreitet, damit Userdaten besser und transparenter gehandhabt werden können. In Deutschland verfahren die Datenschützer lieber nach der Holzhammer-Methode und wollen Verbote, Sperrungen, Löschungen. Das erinnert mich an die Forderungen von Ärzten, als im 19. Jahrhundert die ersten Eisenbahnen mit 30 Stundenkilometer durch das Land zogen: Viel zu gefährlich für Leib und Seele, daher: Verbieten das Ganze.

Die Realität sieht heute in Zeiten von sozialen Netzwerken ganz anders aus. Die weit überwiegende Mehrheit der Nutzer von Plattform á la Facebook akzeptieren, dass ihre Daten für Werbezwecke gespeichert werden. So what. Das ist nun mal der Preis für eine vernetzte Welt. Jo Bager von der Computerzeitschrift c’t sagt daher voll kommen richtig am Ende des ZDF-Beitrag: „Die Nutzer haben sich sowieso damit abgefunden, dass Facebook ihre Daten hat.“

Hier der ZDF-Beitrag „Kommissar Facebook“ in voller Länge:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Uo9Vip24bOQ[/youtube]

 

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